wegnovelle2022

WEG Novelle 2022

[Stand Ende November 2021]

Das Wohnungseigentumsgesetz 2002 (WEG) wird in einigen zentralen Punkten reformiert. Der Gesetzesentwurf wurde nach der Begutachtung wieder ans Parlament übermittelt und sollte Mitte Dezember 2021 beschlossen werden. Die unten dargelegten Änderungen sind somit noch vorbehaltlich etwaige Änderungen im Gesetzgebungsprozess und werden noch laufend ergänzt.

ZUSAMMENFASSUNG

A) Änderungen am Wohnungseigentumsobjekt

Jeder Wohnungseigentümer ist grundsätzlich zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt berechtigt, spätestens wenn es jedoch zu Änderungen am äußeren Erscheinungsbild, wie etwa an der Fassade, aber auch im Stiegenhaus kommt, dann ist nach aktueller Rechtslage die Zustimmung aller Miteigentümer notwendig – außer der Wohnungseigentumsvertrag sieht im Einzelfall anderes vor. Diese Zustimmung ist in der Praxis oftmals schwierig einzuholen, weshalb der Gesetzgeber an zwei Stellen Erleichterungen einführen wird.

1. Neue privilegierte Änderungen

Bei gewissen Änderungen sieht § 16 WEG vor, dass ein Miteigentümer seine Zustimmung nicht verweigern darf und diese im Notfall auch durch das Gericht ersetzt werden kann. Der Kreis der sogenannten „privilegierten Änderungen“ wird durch die Novelle erweitert:

  1. Barrierefreie Ausgestaltung eines WE-Objekts oder allgemeiner Teile
  2. Ladestation für E-Autos (langsam Laden bis 5,5kw)

 

2. Schweigen als Zustimmung bei bestimmten Änderungen

Änderungswillige Wohnungseigentümer haben in der Praxis häufig das Problem, dass einige Miteigentümer auf Ihre Anfrage gar nicht antworten. Ein Schweigen wird daher als Ablehnung gewertet. Durch bestimmte ausgewählte Änderungen am Wohnungseigentum soll zukünftig auch Schweigen als Zustimmung (Zustimmungsfiktion) gewertet werden. Dies unter der Voraussetzung, dass die anderen Miteigentümer ordnungsgemäß und genau (z.B.: mittels Plan) verständigt wurden, innerhalb von 2 Monaten kein Widerspruch erfolgt und in der Verständigung auf die Zustimmungsfiktion hingewiesen wurden:

  1. Barrierefreie Ausgestaltung eines WE-Objekts oder allgemeiner Teile
  2. Beschattungsmaßnahmen - soweit diese sich harmonisch in das Gesamtbild des Hauses einfügen
  3. Einbau von einbruchsicheren Türen
  4. Ladestation für E-Autos (Langsamladen bis 5,5kw)
  5. Solaranlage an Reihenhaus oder Einzelgebäude

 

B) Bildung einer angemessenen Rücklage

Ab 01. Juli 2022 sieht das Gesetz eine zwingende Mindestdotierung der Reparaturrücklage in der Höhe von Euro 0,90 pro Quadratmeter Nutzfläche und Monat vor. Ein niedrigerer Betrag darf im Einzelfall nur dann vorgeschrieben werden, wenn die Bildung einer angemessenen Rücklage in dieser Höhe nicht erforderlich ist – entweder, weil das Gebäude erst kürzlich neu errichtet oder tiefgreifend saniert wurde, bereits eine besonders hohe Reparaturrücklage angespart wurde oder weil es sich um eine Reihenhaus- oder Einzelhausanlage handelt, bei der die Erhaltungspflichten laut Wohnungseigentumsvertrag weitgehend auf die einzelnen Eigentümer übertragen wurde.

C) Willensbildung bei Beschlussfassungen

Bisher waren Beschlüsse nur mit einer Mehrheit der Miteigentumsanteile laut Grundbuch möglich. Alternativ soll künftig ein Beschluss auch dann gültig zustande kommen, wenn dieser mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen (berechnet nach Miteigentumsanteilen) gefasst wird und diese Mehrheit auch zugleich zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile repräsentiert.

Details zu den Änderungen

Die WEG-Novelle 2022 verfolgt ganz zentrale Ziele im Bereich der Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes, sowie der Innovationsförderung. Es sollen einerseits gewisse Änderungen für Wohnungseigentümer erleichtert werden und andererseits bessere Voraussetzungen für die energetische Verbesserung von Gebäuden geschaffen werden. Zusätzlich wird die Novelle genutzt verschiedene Probleme in der Praxis wie die Kreditaufnahme durch die Eigentümergemeinschaft, oder Erleichterung der Willensbildung bei schweigenden Miteigentümern neu geregelt.

AD A) ÄNDERUNGSRECHT DER WOHNUNGSEIGENTÜMER (§ 16 WEG)

Die Neugestaltung soll das Änderungsrecht des § 16 des Wohnungseigentümers klarer und verständlicher gestalten. Der Wohnungseigentümer ist zu Änderungen an seinem Wohnungseigentumsobjekt (auf seine Kosten) berechtigt. Es wird erläuternd klargestellt, dass Änderungen der Zustimmung ALLER Miteigentümer bedürfen, wenn die Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen anderer Wohnungseigentümer möglich ist.

Privilegierte Änderungen

Bei gewissen Änderungen laut § 16 Abs 1 Z 1 bis 3 darf eine Zustimmung nicht verweigert werden. Dies betrifft auch eine etwaige erforderliche Mitwirkung für die Erlangung einer dazu notwendigen Bewilligung (zB Unterschrift für Bauansuchen bei Baupolizei). Es darf dabei zu keiner Schädigung des Hauses, keiner Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen und keinen Gefährdungen kommen. Falls ein Wohnungseigentümer sich dennoch weigert bzw sich verschweigt, so darf diese fehlende Zustimmung gerichtlich ersetzt werden. Wenn für die Änderung auch allgemeine Teile der Liegenschaft in Anspruch genommen werden (zB Fassade, Gangflächen, Wände von Wohnung zu Stigenhaus, …) , so muss diese Änderung entweder der Übung des Verkehr entsprechen ODER einem wichtigen Interesse des Wohnungseigentümers dienen:



  1. Einbeziehung / Einbau einer Wassentnahmestelle in die Wohnung
  2. Einbau eines WCs in die Wohnung
  3. Errichtung von Strom-, Wasser-, Gas- oder Fernmeldeleitungen
  4. Beheizungsanlagen
  5. Barrierefreie Ausgestaltung der Wohnung oder allgemeiner Teile (NEU)
  6. Ladestation für E-Autos (Langsamladen bis 5,5kw) (NEU)
  7. Einrichtung für Rundfunkempfang / Empfang digitaler Dienstleistungen (NEU)

 

Schweigen als Zustimmung (Zustimmungsfiktion)

Bisher ist das Schweigen eines Wohnungseigentümers als Ablehnung zu werten. Nach § 16 Abs 5 wird dieser Grundsatz künftig für bestimmte Änderungen durch eine Zustimmungsfiktion durchbrochen. Es handelt sich dabei um


  1. Barrierefreie Ausgestaltung eines WE-Objekts oder allgemeiner Teile
  2. Beschattungsmaßnahmen - soweit diese sich harmonisch in das Gesamtbild des Hauses einfügen
  3. Einbau von einbruchsicheren Türen
  4. Ladestation für E-Autos (Langsamladen bis 5,5kw)
  5. Solaranlage an Reihenhaus oder Einzelgebäude

 

Die Zustimmung zu einer Änderung gilt dann als erteilt, wenn der änderungswillige Wohnungseigentümer alle Miteigentümer auf die in § 24 Abs 5 beschriebene Weise (Anschlag im Haus UND schriftliche Übersendung an alle Miteigentümer) verständigt und der Änderung nicht binnen zwei Monaten nach Zugang widersprochen wird. Die Verständigung hat dabei gewisse Mindestanforderungen zu erfüllen und dabei die geplante Änderung klar und verständlich beschreiben (zB durch einen Plan, Skizze, Renderings), sowie auf die Rechtsfolgen des Unterbleibens eines Widerspruchs (=Schweigen als Zustimmung) hingewiesen werden.


Sollte ein Miteigentümer gegen ein solches Projekt einen Widerspruch einlegen wollen, so dies dem änderungswilligen Eigentümer auf Papier oder in dauerhaft speichbarer, elektronischer Form übermittelt werden. Wesentliche und dauernde Beeinträchtigungen seines Wohnungseigentumsobjekts oder Zubehörobjekts muss keinesfalls geduldet werden.


Wichtig: Wenn durch die Änderung künftig höhere Kosten für die Erhaltung von allgemeinen Teilen entstehen, so hat der änderungswillige Wohnungseigentümer die dadurch verursachten Mehrkosten zu tragen.

Ladestation für elektrisch betriebe Fahrzeuge: Vorrichtungen zum Laden von E-Autos können abhängig von der Leistung der Ladestation und vom E-Auto das Fahrzeug unterschiedlich schnell laden. Je schneller geladen wird, desto mehr elektrische Leistung muss gleichzeitig zur Verfügung stehen. Nachdem die elektrische Anschlussleistung je Gebäude begrenzt ist und eine Erhöhung technisch bedingt möglich, sowie mit Mehrkosten verbunden ist, präferiert das Gesetz gemeinsame Elektro-Ladeanlagen gegenüber Einzelvorrichtungen. Die Eigentümergemeinschaft kann nach Errichtung einer Gemeinschaftsanlage von einem Eigentümer durch Beschluss verlangen die Nutzung seiner Einzelvorrichtung zu unterlassen, wenn die elektrische Versorgung der Liegenschaft dadurch besser genutzt werden kann. Dies ist frühestens 5 Jahre nach Errichtung der Einzelladestation zulässig.

 

AD B) BILDUNG EINER ANGEMESSENEN RÜCKLAGE – MINDESTDOTIERUNG (§ 31 Abs 1 WEG)

Bereits bisher sind die Wohnungseigentümer verpflichtet eine angemessene Rücklage zur Vorsorge für künftige Aufwendungen zu bilden. Neu ist dabei, dass „insbesondere auch auf künftige Aufwendungen zur thermischen Sanierung oder energietechnischen Verbesserung des Gebäudes“ Bedacht zu nehmen ist. Dabei wird nun erstmals ein Mindestbetrag von 0,90 Euro / Quadratmeter Nutzfläche pro Monat gesetzlich festgelegt, der nur bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ausnahmsweise unterschritten werden darf:

  1. Rücklage ist in besonders hohem Ausmaß bereits vorhanden
  2. Neuerrichtung oder durchgreifende Sanierung erst kurz zurück liegend und daher aus diesen Gründen der Mindestbetrag zur Bildung einer angemessenen Rücklage im Sinne des Gesetzes nicht erforderlich ist.
  3. Reihenhaus oder Einzelhausanlage bei der die Erhaltungspflichten (im Sinne des § 28 Abs 1 WEG) vertraglich von den einzelnen Wohnungseigentümern übernommen wurden.

Wichtig: Die Regelung zur Mindestdotierung beschreibt die Berechnungsmethode für die gesamte Liegenschaft bzw den gesamten Abrechnungskreis. Die Aufteilung auf die einzelnen Wohnungseigentümer erfolgt nach § 32 WEG nach dem jeweils definierten Aufteilungsschlüssel (in der Regel Anteile laut Grundbuch oder Nutzfläche).

Nach den erläuternden Bemerkungen zur WEG Novelle 2022 ist das Kalkül hinter der Regelung, dass notwendige Erhaltungsarbeiten ebenso wie sinnvolle thermische Sanierungen und energietechnische Verbesserungen umso eher beschlossen und durchgeführt werden, je mehr diese Arbeiten durch die vorhandene Rücklage gedeckt sind. Der Betrag von 0,90 Euro/m2 wird dabei vom Gesetzgeber ganz bewusst als Mindestbetrag angesehen. Es kann und muss im Einzelfall auch möglich und notwendig sein auch Rücklagenbeträge vorzuschreiben, die auch deutlich darüber liegen.

In den letzten Jahren gab es in vielen Eigentümergemeinschaften aufgrund des anhaltenden niedrigen Zinsniveaus und der damit einhergehenden günstigen Kreditfinanzierung auch für Eigentümergemeinschaften die Tendenz die monatliche Ansparrate zur Rücklage eher gering zu halten und Maßnahmen im Einzelfall zu finanzieren. Der Gesetzeber greift in diese Entwicklung ein und verpflichtet die Wohnungseigentümer zur verstärkten Bildung von Rücklagen.

AD C) WILLENSBILDUNG BEI BESCHLUSSFASSUNGEN (§ 24 WEG)

Die Willensbildung im Wohnungseigentumsrecht erfolgt über Beschlüsse der Eigentümergemeinschaft, wobei für das wirksame Zustandekommen eines Beschlusses die Zustimmung von so vielen Wohnungseigentümern erforderlich ist, dass diese eine Mehrheit der Miteigentumsanteile (= Mehrheit aller Miteigentumsanteile an der Liegenschaft laut Grundbuch) repräsentieren.

Künftig können Beschlüsse auch dann wirksam Zustandekommen, wenn eine Mehrheit von zwei Drittel der abgegebenen Stimmen (berechnet nach dem Verhältnis der Miteigentumsanteile) gegeben ist und diese überdies zumindest ein Drittel aller Miteigentumsanteile repräsentieren. Hintergrund der Änderung ist laut den erläuternden Bemerkungen zur Novelle die Erkenntnis, dass viele Wohnungseigentümer, insbesondere wenn eine Wohnung nicht selbst genutzt, sondern vermietet wird, sich an Beschlussfassungen nicht aktiv beteiligen. Stimmenthaltungen bei Beschlussfassungen sind als Ablehnung zu werten. In Kombination führt dies bisher dazu, dass in der Praxis erfolgreiche Beschlussfassungen in vielen Wohnungseigentümergemeinschaften schwierig zu erreichen sind. Die oben beschriebene Form der Willensbildung bietet nun eine Möglichkeit auch in schwierigeren Konstellationen wirksame Beschlüsse zu erreichen und dabei bestmöglich das Meinungsbild in der Eigentümergemeinschaft zu repräsentieren.

Weitere Änderungen im WEG 2002

Eigentümerversammlungen im Wege der elektronischen Kommunikation

Bisher sah das Wohnungseigentumsgesetz laut §25 WEG nach seinem Wortlaut eine Präsenzveranstaltung vor, wobei die Eigentümerversammlung das zentrale Willensbildungsorgan der Eigentümergemeinschaft darstellt und Beschlüsse insbesondere dort getroffen werden sollten (auch wenn in der Praxis Umlaufbeschlüsse die häufigere Variante darstellen). Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass diese Regelung nicht mehr zeitgemäß ist und auch elektronische Treffen technisch möglich sind und in der Praxis gut funktionieren.

Durch den neuen §25 Abs 2a WEG kann der Verwalter die Möglichkeit zur Teilnahme an einer Eigentümerversammlung im Wege der elektronischen Kommunikation (zB Videokonferenz) anbieten. Es handelt sich um eine KANN-Bestimmung, sprich der Verwalter kann eine elektronische Teilnahme ermöglichen, er ist aber nicht verpflichtet diese anzubieten. Dies wird einerseits davon abhängen, ob die technische Ausrüstung vorhanden ist und andererseits ob der Ort der Versammlung (zB Lokal) geeignet ist eine elektronische Teilnahme zu ermöglichen.

Während das Gesetz, somit Hybridversammlungen, sprich eine Eigentümerversammlung in Präsenz mit Onlineteilnahmemöglichkeit vorsieht, gibt es keine Regelung zu rein digitalen Eigentümerversammlungen. Eine solche Bedarf daher weiterhin der vorherigen Zustimmung aller Miteigentümer.

Darlehensaufnahme durch Eigentümergemeinschaft

Wenn für die über die laufende Instandhaltung hinausgehende Erhaltungsarbeiten oder für größere Verbesserungsarbeiten eine Finanzierung durch die Eigentümergemeinschaft mittels Kredit erfolgen soll, so galt seit 2014 aufgrund der Judikatur des OGH, dass Wohnungseigentümer, die ihren Anteil auf einmal eingezahlt hatten, trotzdem für den Kredit haften. Durch eine Änderung in §20 Abs 4 WEG erhält der Verwalter nun die Möglichkeit die Finanzierung aufzuteilen, sprich jene Eigentümer, die ihren Anteil an der aufzunehmenden Kreditsumme sofort begleichen möchten, können das tun, für die restlichen Eigentümer wird der Kredit aufgenommen. Die Aufwendungen für die Kreditfinanzierung sind dann nur von jenen Eigentümern zu tragen, die den Kredit aufgenommen haben.

Auskunftspflicht

Der Verwalter ist verpflichtet jedem Wohnungseigentümer für die Verständigung anderer Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit der Ausübung von Rechten und Gestaltungsmöglichkeiten aus dem Wohnungseigentum auf Verlangen Auskunft über die Namen und die Zustellanschriften der anderen Wohnungseigentümer zu geben. E-Mailadressen dürfen nur mit Einwilligung des jeweiligen Wohnungseigentümers mitgeteilt werden.

Dieser Artikel wird laufend ergänzt. Für alle weiteren Änderungen und Details zu den dargestellten Maßnahmen siehe auch hammerl.at/wegnovelle2022.